Tuntenhaus Forellenhof 1990: Der kurze Sommer des schwulen Kommunismus

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Adresse Lützowstraße 73, Berlin
Eintritt € 3–9
Webseite des Ortes www.schwulesmuseum.de
Kurator*in Bastian Krondorfer

Mitten unter den anschwellenden „Wir sind ein Volk“- und „Deutschland Deutschland“-Rufen, die die Straßen der Hauptstadt der DDR beschallen, besetzen am Abend des 1. Mai 1990 Kreuzberger Tunten die Mainzer Straße 4 in Ostberlin. Schnell wächst das Tuntenhaus Forellenhof um Ostberliner Tunten sowie Tunten aus aller Welt und entwickelt sich zur antipatriarchalen Großkommune voller Träume, Utopien und konkreter Projekte im Kiez. Ein gemeinsames Spielplatzprojekt mit den alteingesessenen Nachbar*innen, das Max-Hoelz-Antiquariat für DDR-Literatur und die Nachtbar Forelle Blau finden alle ihren Platz im und um das besetzte Haus herum. Ein jähes Ende nimmt der kurze Sommer des schwulen Kommunismus nach einer dreitägigen Straßenschlacht mit der Polizei und der darauffolgenden Räumung am 14. November.

Die Ausstellung Tuntenhaus Forellenhof 1990 porträtiert das Tuntenhaus als Ort des kollektiven Alltags im Spagat zwischen Einkauf, Kochen, Abwasch und der Verteidigung der Häuser gegen Nazis sowie rauschenden Festen und politischen Aktionen. Sie verschweigt aber auch nicht die internen Auseinandersetzungen zwischen Ost- und Westberliner Tunten, Autonomen, schwulenbewegten Studis und den Nachbar*innen des Frauen-/Lesbenhauses. Im Zentrum der Ausstellung reinszeniert die Bühnenbildnerin Bri Schlögel einen wichtigen Ort dieser Besetzung, das Esszimmer des Tuntenhauses – inklusive zeitgetreuer Details wie angebrochenem Drehtabak (BRD) und filterlosen KARO‑Zigaretten (DDR), Originalexemplaren der damaligen

Besetzerzeitung und ein stumm für das nächste Plenum werbenden Gips-Lenin an der Wand. Die Ausstellung versammelt Stimmen, Anekdoten und Relikte, die seit 2020 aus Deutschland, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich und den USA zusammengetragen wurden. Beiträge von Juliet Bashore, Ronald M. Schernikau, Katrin Rothe, Guy Pariente, Ingo Hasselbach, Wolfgang Tillmans, Hajo Beer, Helga Krenz u. a. laden zum Betrachten, Zuhören und Anfassen ein.

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